100 Jahre Gerhard Hänel

Ein Unternehmer mit Profil

Sein ganzes Leben...

Der Neubeginn in Bad Friedrichshall

Der Hänel Paternoster

Ein Chef – ein Vorbild

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Sein ganzes Leben...

Am 30. Juni 1909 wurde Gerhard Hänel als jüngs­tes von vier Geschwistern in Lauter in Sachsen geboren. Seine Eltern besitzen ein Kolonialwarengeschäft, seiner Familie geht es gut. Im Alter von 13 Jahren stirbt sein Vater und die Mutter muss die 4 Kinder alleine durchbringen. Trotzdem fehlt es ihnen an nichts. Mit 14 macht er eine Schlosser­lehre, mit 20 ist er studierter Ingenieur und findet schnell eine Anstel­lung bei einem namhaften Stahlmöbelhersteller in Hessen.

Der damals 24-Jährige startete 1933 auf dem elterlichen Grundstück mit geliehenem Geld in die Selbstständigkeit. Zunächst als Ein-Mann-Betrieb, bis die Einrichtung für den Bau von Stahlmöbeln durch Überholung gebrauchter Maschinen, den Eigenbau von Lackiererei, Trockenofen und Stromerzeugung beisammen waren. Für den Betrieb einer Punktschweiß-Maschine wurde das Ortsnetz allerdings nicht freigegeben.

‘Das war mein erster Tiefschlag seitens der Behörde.’
Zitat G. Hänel

1936 heiratet Gerhard Hänel seine erste Frau Hilde, die aber 1949 tödlich verunglückte. Aus dieser Ehe hat er seine Tochter Ingrid und Sohn Gerd.

Im benachbarten Neuwelt fand er ein großes Grundstück in der Talstraße mit Starkstromanschluss und an der Bahn gelegen. Der Umzug ins neue Gebäude erfolgte dann 1939.

Durch den Kriegsbeginn wurde Stahl rationiert und er musste sich zusätzlich nach neuen Kunden umschauen.

Für die Firma Zeiss-Jena mit ihren Zweigwerken produzierte er von ihm entwickelte Blechbehälter zum sicheren Transport von hochempfindlichen, optischen Geräten.


‘Mangels Stahlblech gab es nur eine Parole: aus Alt macht Neu.’
Zitat G. Hänel

Nach dem Krieg herrscht Mangel­wirtschaft in Deutschland, also setzte er auf eine lange Abkantpresse ein Folgewerkzeug, schlitzte damit leere Stabbomben auf und entwickelte den Behälter wieder zurück in eine Blechplatine. Dann wurden die Teile ausgeglüht und in neue Gebrauchsgegenstände verformt. Sehr beliebt waren Bratpfannen, aber auch anderes z.B. Klemmbügel für Einmachgläser usw.

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Der Neubeginn in Bad Friedrichshall

Anfang der 50er Jahre hielt sich Gerhard Hänel geschäftlich in Westdeutschland auf – hier lernte er auch seine zweite Frau Liselotte kennen. Sie begleitete ihn nach der Hochzeit in den Osten, wo 1951 der erste Sohn Michael Hänel auf die Welt kam.

‘Doch bei all der vielen Doppelarbeit blieb immer die Sehnsucht nach dem freien Westen und der ehemaligen Kundschaft, bei denen es ja wieder losging.’

Zitat G. Hänel

Gerhard Hänel sah geschäftlich keine Zukunft in Ostdeutschland und orientierte sich neu im Westen. Hier wurde 1953 der zweite Sohn Joachim Hänel geboren.

1952 übersiedelte er mit Ehefrau Liselotte zu den Schwiegereltern nach Stuttgart und begann ein Jahr später in Bad Friedrichshall, ‘bei null’.

In einem, wie er es nannte, ‘Holzverschlag’ baute er Roll- und Friseurschränke. Der Betrieb wuchs schnell. Als Gerhard Hänel dann eines Tages in einem amerikanischen Prospekt automatisierte Bürolifte sah, dachte er: ‘Das kann ich auch.’

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Der Hänel Paternoster – ein geniales Prinzip

1957 war er der Erste, der in Europa serienmäßig Registraturlifte nach dem Paternosterprinzip produzierte. Sein Neffe Karl-Bruno Hänel unterstützte ihn als Betriebsleiter von Beginn an, seine Ideen und Entwicklungen in die Praxis umzusetzen. Die Hänel Registraturlifte wurden bis Ende der 60er Jahre über einen namhaften Hersteller von Hängemappen vertrieben.

1958 konnten nach dem Erwerb eines Grundstückes in einer neu gebauten Produktionshalle die Stückzahlen erhöht werden.

Aufgrund ständig steigender Nachfrage wurde 1968 die Fertigung weiter ausgebaut und in Wiesentheid ein weiterer Produktionsstandort gegründet. Im gleichen Jahr gründete er zunächst im Stammhaus die Hänel Zahnradfabrik, welche drei Jahre später ein eigenes Firmengebäude bezog.

1971 wurde der erste Hänel Karteilift unter dem Namen ‘Mikros’ als eigenständiges Produkt der Firma Hänel verkauft. Durch permanente Weiterentwicklung des Paternosterprinzips von Gerhard Hänel konnten zeitgleich Schwerlast-Paternoster für den industriellen Einsatz angeboten werden. Die Hänel Rotomat® Industrielifte waren geboren.

 

1972 folgt die Grundsteinlegung von Hänel Werk 3 in Altstätten, in der Schweiz.

Inzwischen bauten Herr Kurt Velmeke den Vertrieb und Herr Dieter Carl den Export der Hänel Rotomat® Lifte erfolgreich aus. Niederlassungen wurden in den USA, Frankreich und Niederlanden gegründet.

Mit 65 Jahren überträgt er seinen beiden Söhnen die Firmenleitung. Die Firma Hänel Büro- und Lagersysteme ist seit ihrer Gründung in den Händen der Familie Hänel.
Dies war aber kein Grund für ihn, sich auszuruhen. Im Alter von 85 Jahren war er noch federführend an der Entwicklung und Produktion des Hänel Lean-Lift® mit Vertikallift-Technologie beteiligt. Unter anderem erfand er dabei die Hänel Rasterwand®. Damit setzte er neue Maßstäbe in der Intralogistik. Diese geniale Konstruktion bildet heute noch die Grundlage für die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit des Hänel Lean-Lift® und des 2005 vorgestellten Hänel Multi-Space®.

Gerhard Hänel hat mit seinem unternehmerischen Weitblick die Firma Hänel Büro- und Lagersysteme zu einem weltweit agierenden Unternehmen mit Vertretungen in über 60 Ländern gemacht.

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Erinnerungen aus der Sicht eines Wegbegleiters

Fast 7 Jahre indirekt und 33 Jahre direkt durfte ich Herrn Gerhard Hänel im Beruf begleiten. Im ersten Abschnitt als Vertriebsleiter eines namhaften Registraturmittelherstellers hatte ich als Kunde Berührung mit Herrn Hänel, der uns mit Kartei- und Registratur-Paternostern für den Weiterverkauf belieferte.

Bei den zahlreichen Begegnungen lernte ich Herrn Hänel wegen seiner Geradlinigkeit, seiner Fachkompetenz und seiner seriösen sowie freundlichen Umgangsformen zu schätzen.

Herr Hänel begnügte sich nicht damit, nur nach Modellvorgaben des Abnehmers zu produzieren, sondern entwickelte parallel in eigener Initiative ein neuartiges Programm an Kartei- und Registraturliften, das sowohl wegen der revolutionierenden Technik als auch wegen des modernen Designs weltweit Aufsehen erregte.

Nach dem Tod des Inhabers seines Hauptkunden erfolgte dann sukzessiv eine Trennung der Kooperation zwischen den beiden Unternehmen. Herr Hänel wollte sich aus den Abhängigkeiten lösen und seinen heranwachsenden Söhnen ein aufstrebendes Unternehmen mit einem eigen-ständigen Vertrieb übergeben.

Ab dem 1. April 1971 begann für mich der zweite Abschnitt und zwar der direkten Berufsbegleitung des Herrn Hänel. Bei Beginn der selbstständigen Verkaufstätigkeit standen Herrn Hänel zwei kaufmännische Mitarbeiter im Innendienst und ich als Vertriebsleiter zur Verfügung.

Sein unternehmerisches Denken, verbunden mit einer prägnanten und schnellen Entscheidungsfreudigkeit waren Garant für eine stetige, gesunde Aufwärtsentwicklung. 33 Jahre Zusammenarbeit, eine lange Zeitspanne, die beruflich und persönlich geprägt hat. Auch selten eingetretene, unterschiedliche Auffassungen spielten sich immer auf sachlicher Ebene ab, ohne auch nur einmal persönlich zu eskalieren. Herr Gerhard Hänel verstand es ausgezeichnet, durch seine souveränen Führungsqualitäten zielstrebig die Unternehmensinteressen durchzusetzen, aber gleichzeitig seinen Mitarbeitern deren Wertigkeit zu zeigen und diese immer wieder für die gemeinsamen Aufgaben zu motivieren.

Gibt es ein schöneres Resümee im Leben, wenn man sagen kann: „Je ne regrette rien“, ich würde mich auch heute nochmals für die lehrreiche und persönlich erfüllte Zusammenarbeit mit Herrn Gerhard Hänel entscheiden.

Kurt Velmeke

Ohne meine Frau…

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‘Ohne meine Frau hätte ich das alles nicht geschafft’

Schwimmen, früh morgens und dann noch einmal am Abend, so hielt sich Gerhard Hänel fit. Andere Freizeitbeschäftigungen brauchte er nicht: „Die Betriebe sind mein Hobby“. Herr Hänel war ein sehr disziplinierter Mensch. „Mäßigkeit in allen Dingen“ nannte er als ein Lebensprinzip.

Liselotte Hänel war ihrem Mann bis ins hohe Alter die entscheidende Stütze, zu Hause und in der Arbeit. „Wenn ich nicht diese Frau als Lebenskameradin gehabt hätte“, sagte Gerhard Hänel, „hätt‘ ich das alles nicht tun können.“